Kein Problem bleibt ohne Ursache

Ein Gespenst geht um in Brandenburg:
das Gespenst der "guten Politiker".
Und wieder hängen Menschen an den Laternen:
die Besten des Landes –
aufrecht, bunt und auf Plakaten.

G

nadenlos und träge fließt der Strom der Zeit durch das Land Brandenburg. Hier, im Land der großen Seen und tiefen Wälder ist er breiter als anderen Orts. Die Zeit verteilt sich in den leeren, flachen Weiten der sandigen Gegend, bleibt darin stecken oder versickert einfach. Noch nie hat ein Beobachter bemerkt, dass etwas Zeit das Land Brandenburg wieder verlassen hat - so aufmerksam er auch war. Brandenburg ist eine Zeitsenke. Zeitverschwendung ist auf vielen Gebieten so perfekt, wie nirgendwo anders auf der Welt. So konnte hier vor einigen Jahrhunderten auch das deutsche Staatswesen erfunden werden - die preußischen Könige trafen auf keinen Widerstand bei der Umsetzung ihres Vorhabens. Auf dem sandigen Boden der Mark wächst nichts außer Kiefern und Bürokratie. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich in der großen Stadt, in der Mitte des Landes, der deutsche Regierungssitz befindet. Das jahrelange Verschleppen von Großprojekten, kombiniert mit der Erfindung immer neuer bürokratischer Hürden und der aktiven Zeitverschwendung in Kommissionen ist hier zu einer einmaligen Perfektion ausgebildet worden.

Auf den weiten, sandigen Feldern der Mark Brandenburg kümmert so manches Kraut. Das scheint an dem immer wieder auftretenden Wahn schuld zu sein: viele Einheimische erzählen immer wieder von roten Adlern, die es hier zu sehen gibt. Seltsam ist nur, genau wie Zeit hat auch noch nie ein roter Adler die Mark verlassen. Im Gegensatz dazu hat es schon manch ein Politiker geschafft. Die anstehende Europawahl bietet diesen wieder eine gute Gelegenheit, dem Land zu entfliehen und die Erfahrungen in Bürokratie und Zeitverschwendung nach Brüssel zu exportieren. Der beginnende Wahlkampf kommt nicht so recht in Schwung. Das ist nicht verwunderlich, muss er doch bis in den Herbst, zu den Landtagswahlen, anhalten. Nur der nördliche Zipfel des Landes ist noch von Plakaten und inhaltsleeren Reden verschont. Ein Zustand, der sich nicht mehr lange aufrechterhalten lässt.