Diktatur der Karotte

Wenn orange Heere die große Stadt überrennen,
Wird diese in Chaos versinken.
Blut wird durch die Straßen fließen und
Wahnsinn und Verzweiflung werden sich ausbreiten.

Vegetarium 54:23

Seit grauen Vorzeiten regiert die Evolution auf der Erde. Ununterbrochen generiert sie neue und unterschiedliche Arten. Die Varianz des Lebens scheint unendlich und der Prozess wird nie enden. In ihm gibt es gute und weniger gute Ergebnisse. Die meisten Arten finden erfolgreich ihre Nische im Ökosystem unseres Planeten. Obwohl einige Unfälle und Zufälle dann und wann einen Reset-Knopf drücken, ist die Evolution insgesamt sehr erfolgreich.

Irgendwann im Laufe der letzten Milliarden Jahre waren dann auch die Gemüse an der Reihe. Es entstand viel buntes Zeugs, welches noch heute in allen Gegenden der Welt faul herumliegt und die Strahlen der Sonne genießt - mit einigen, wenigen Ausnahmen. Zu diesen zählen neben den Zwiebeln leider auch die Karotten, ein garstiges Gewächs, das durch und durch vom Bösen durchtränkt ist. Erstere haben sich mit beißenden, ätherischen Ölen für die Verbannung unter die Erdoberfläche gerächt. Eine Eigenschaft, die wir Menschen letztendlich positiv verwerten konnten. Zwiebeln geben jedem vernünftigen Gericht erst Geschmack. Den orangefarbenen Wurzeln dagegen räumte die Evolution keine Chance für eine Rache ein. Sie verfielen dem Wahnsinn und aus purer Bosheit wurden die Mohrrüben selbständig kreativ. Wie bei jedem, der dem Bösen verfällt, endet dies im Wunsch nach Weltherrschaft, nach Unterdrückung von allem Andersartigen. Wie alle verrückten Gewalttäter leiden Karotten an Verfolgungswahn und träumen vom Endsieg, von ihrer finalen Rache an der Evolution.

Über Jahrtausende hinweg probten sie immer wieder den Aufstand gegen all die anderen Arten. Anfänglich sind ihre Versuche plump und ungefährlich, doch entwickeln sich die bösen Möhren weiter und lernen aus ihrem Versagen. Die Entstehung der Vampirmöhren ist der letzte, schlechte Witz der Evolution selbst. Orangefarbene Biester mit spitzen Zähnen, fauligem Atem, ununterbrochen rollenden Augen mit dem bösen Blick tauchen immer häufiger in Gärten und auf Feldern auf. Werden sie nicht sofort zermatscht, sammeln sie sich an geheimen Orten und lauschen den Reden ihres wahnsinnigen Anführers. Ihr Diktator ’Die große Möhre’ befielt sie nach Berlin und sie treten in Bündeln die Wanderung zu der großen, bunten Stadt an. Das Horrorgemüse drängt wieder einmal auf eine finale Entscheidung.