Betriebsanleitung
Ja, geht's noch?
Friedrich Krüger
Eine Betriebsanleitung für ein Buch? Was soll das denn sein? Wer lesen kann, der kann lesen PUNKT… oder?
Warum denn nicht: Neulich habe ich eine neue 'Sitzgarnitur' kaufen dürfen. Die vorhergehende hat sich in ihrer Bestandteile aufgelöst - natürlich pünktlich nach Ablauf der Garantie. Der 'Weichmacher' suchte sich seinen Weg aus Polster und Kunstleder in die himmlischen Weiten. Wahrscheinlich ist er auch in mich eingedrungen. Etwas weicher fühle ich mich schon an. Hier scheint Nietzsche mit 'Was mich nicht umbringt, macht mich stärker.' offensichtlich nicht Recht zu haben - auf jeden Fall bin ich nicht härter, sondern weicher geworden. Die Sitze waren am Ende auf jeden Fall härter, als vor Beginn der schleichenden Wanderung der Inhaltsstoffe. Mit den neuen Sitzmöbeln wurde mir eine Bedienungsanleitung überreicht: 'Betriebsanleitung für das Polstermöbelprogramm'. Meine erste Reaktion war: 'Das ist ein Druckfehler.'. Sitzen ist schließlich eine der ersten Fähigkeiten, die ich bereits als Kleinkind erworben habe. Seit dem übe ich mich täglich im Sitzen. Ich halte mich für einen erfahrenen, ja professionellen Sitzer. Aufrecht sitzen, das kann ich gut. Entsprechendes Stehen überlasse ich anderen, insbesondere meinen Mitbürgern mit Sendungsbewusstsein.
Das Buch - ist das wirklich ein Buch? Schließlich wohl - es besteht aus vielen Seiten bedruckten Papiers (bei Verwendung eines Lesegerätes ist der rechte Daumen häufig zu nutzen, um das Ende zu erreichen). Klären wir das einfach anhand der Fakten:
Ist dies ein Roman?
Hat das Buch einen 'roten Faden'?
Was ist interaktive Literatur?
Eine vernetzte Welt benötigt vernetzte Literatur. Lassen Sie sich einfach überraschen. Auf der nächsten Seite geht es los und am Ende entscheiden Sie selbst.
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Abschließend noch ein 'Disclaimer': Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen lassen sich nicht immer vermeiden. Die Handlung und alle handelnden Personen sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und die Namen sind frei erfunden. Liest hier jemand seinen Namen, so ist dies ganz und gar unbeabsichtigt.
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Zum Geleit noch ein Zitat von Kurt Tucholsky:
Übertreibt die Satire? Die Satire muss übertreiben und ist ihrem tiefsten Wesen nach ungerecht. Sie bläst die Wahrheit auf, damit sie deutlicher wird, und sie kann gar nicht anders arbeiten als nach dem Bibelwort: Es leiden die Gerechten mit den Ungerechten.
Er lebte in einer anderen Zeit? Nun, die Autos sind heute schneller als zu Tucholskys Zeiten, aber das Land ist noch immer so, wie er es damals beschrieben hat.
Aber nun sitzt zutiefst im Deutschen die leidige Angewohnheit, nicht in Individuen, sondern in Ständen, in Korporationen zu denken und aufzutreten, und wehe, wenn du einer dieser zu nahe trittst. Warum sind unsere Witzblätter, unsere Lustspiele, unsere Komödien und unsere Filme so mager? Weil keiner wagt, dem dicken Kraken an den Leib zu gehen, der das ganze Land bedrückt und dahockt: fett, faul und lebenstötend.
Um es in 'Neudeutsch' auszudrücken: 'political correctness' ist der Anfang von 'Gleichschaltung'. Aufklärung und eigenständiges Denken verhindern beides und noch Schlimmeres.