Doppelung

Berlin war ein Feuerbrand von Sonne. Die Dächer der Häuser und die Fenster zitterten vor Junihitze, so wie die Hitzeluft über Steinwüsten zittert. Es war, als heizten die Scharen der Autos mit ihren Benzindämpfen die Straßen, wie fliegende Öfen.

Max Dauthendey

Leicht quietschend biegt der Wagen in die Eisenacher Straße ein. Den Weg haben sie schnell gefunden. Rolf und die Journalistin sind schließlich häufiger gemeinsam unterwegs, ein eingespieltes Pfadfinderteam sozusagen. Und: ein Smartphone navigiert jeden Suchenden kostenlos an den gewünschten Ort - egal wohin auf diesem Planeten. Außerdem ist der Weg zu den 'Gärten der Welt' vom östlichen Autobahnring an ausgeschildert. Für Birgit verläuft somit die Fahrt entspannt und Rolf sitzt neben ihr. Er beobachtet sie beim Fahren, schaltet ab und zu einige Knöpfe auf dem Armaturenbrett ein und aus und lacht über Birgits prompten Protest. Er freut sich über die gemeinsame Reise und genießt den Schauer der Befremdung, den die große Stadt in ihm auslöst. Unmengen an Menschen bewegen sich hektisch in alle möglichen Richtungen. Eine unbändige, unsichtbare Kraft scheint sie zu fortwährender Bewegung anzutreiben. Ja! Berlin ist nicht nur die Hauptstadt der bunten Republik - es ist auch das Zentrum des Wahnsinns. Der ganze Moloch Stadt scheint zur Mittagszeit auf Nahrungssuche zu sein. Trotz der Ferien sind die Straßen kräftig befahren und sie müssen ihren Wagen an jeder Fußgängerampel stoppen und warten, bis der Letzte die Straße verlassen hat. Das korreliert nicht immer mit dem Farbenspiel der Ampel. Auch vor dem Eingang zu den 'Gärten der Welt' laufen die Kinder einer Großfamilie noch über die Straße, nachdem die Lichtsignalanlage längst den Übergang für sie gesperrt hat.

Auf Rolfs Straßenseite befinden sich Parkanlagen, Bäume und Parkplätze. Auf der anderen Seite stehen vier- und fünfetagige Wohnhäuser. In einem davon hat Attila bis zu seiner Flucht gewohnt. Gemäß Vertrag und Meldestelle wohnt er immer noch dort.

"Du, Rolf, ich glaube, das ist der Block mit Attilas Wohnung."

"Jo, da ist die 110."

"Ich parke gleich hier vor der Freizeitanlage."

"Kann ich jetzt die Handbremse anziehen?", Rolf sieht Birgit bittend an.

"Untersteh' dich! Das ist kein Traktor", ist die erwartete Antwort.

"Och, schade ... du, sage einmal, findet hier nicht im Jahr 2017 die IGA statt, dieses gigantische Gartenfest?"

"Ja. Wahrscheinlich deshalb braut sich hier auch schon jetzt wieder das nächste, politische Theater zusammen. Du weißt doch: Gartenschauen sind seit jeher der Ausgangspunkt politischer Veränderungen oder Desaster."

Birgit lässt den Wagen auf einen freien Standplatz rollen.

"Hier möchtest du halten? Da müssen wir ja so weit mit Attilas Ordnern laufen!"

"Das schaffst du schon Rolf. Hast dir ja ordentlich Zeit mit dem Frühstück gelassen. Die aufgenommene Energie solltest du noch nicht vollständig verbraucht haben."

Kurz bevor die Räder zum Stillstand kommen, greift Rolf wieder an das Armaturenbrett und schaltet das Warnblinken ein. Die Journalistin lässt sich ablenken. Während sie sich nach vorn beugt und den kleinen, blinkenden Knopf wieder in seine Ausgangsposition bringt, befindet er sich außerhalb ihres Blickfeldes: Definitiv die beste Gelegenheit für die Betätigung der Handbremse. Mit lauten Quietschen und einem kräftigen Ruck kommt das Fahrzeug zum Stillstand. Sie sitzen beide aufrecht und ihre Köpfe wackeln etwas hin und her, das letzte kinetische Moment der gerade beendeten Fahrt verbrauchend.

"Rolf!", ihr Blick drückt strenges Entsetzen aus.

"Das ist ja noch besser, als mit dem Traktor!"

"Mach das mit deinem Mopped!"

"Nee, das driftet nicht so schön."

"Auf der Rückfahrt sitzt du daaa hinten!", ihr ausgestreckter Arm zeigt auf den unbeliebten Platz hinter dem Beifahrersitz.

"Aber, aber - das ist ja so weit weg von dir."

"Genau deshalb!"

Kichernd öffnet Rolf die Beifahrertür und schraubt sich aus dem Sitz. Er klettert durch die Türöffnung des Kleinwagens in das mittägliche Sonnenlicht. Das magische Funkeln in Birgits dunklen, tiefgründigen Augen freut ihn. Es spornt ihn zu neuen Taten in jeglicher Richtung an, unter anderem auch zu seltsamen Fragen.

"Du, Bigi, wie meinte Truedie das eigentlich mit dem 'Binärschaum'? So ganz verstehe ich die Angelegenheit immer noch nicht."

"Ach, mach' dir da mal keine Gedanken. Sie weiß schon, was sie da macht."

Birgit schüttelt den Kopf. Die sommerlichen Sonnenstrahlen verfangen sich in ihrem fliegenden Haar und hüllen ihren Kopf in eine warme, leuchtende Aureole. Rolf ist nicht klar, ob sie mit der Geste seine Frage interpretiert oder nur ihre Frisur auflockert.

"Wir sollen also nur Attilas Ordner aus seiner alten Wohnung holen, ja?"

"Ja Rolf, wir sollen nur die Ordner holen." Birgit sieht ihn belustigt-deprimiert an. "Truedie macht dann den Rest. Das ist kein Traktor oder Motor. Du kannst ihr dabei also nicht helfen. Und wenn du ihr auf die Nerven fällst, bekommst du eine Woche Küchenverbot. So."

"Schade, ich wollte schon gern die schäumenden Rechner sehen..."

Birgits Handbewegung, die auf seinen Ausspruch folgt, kennt Rolf gut. Mit ihr beendet sie jedes Mail diese Art von Unterhaltung, die sie 'Sinnloskommunikation' getauft hat. Das Auto ist inzwischen verschlossen und beide wenden sich den Wohnbauten auf der gegenüberliegenden Straßenseite zu. Attila ist noch für zwei Monate der Mieter dieser Wohnung, da er die Warmmiete für ein ganzes Jahr im Voraus bezahlt hat. Nun, eigentlich war es seine Partei. Das zählt jetzt nicht mehr. Er hat ihnen seinen Schlüssel gegeben und sie habe eine exakte Beschreibung, in welchem Regal sich die gewünschten Aktenordner befinden. Die Aufgabe ist also denkbar einfach: Wohnung finden, Tür aufschließen, Akten aus dem Schrank nehmen und zurück nach Ranzlow fahren.

****

Die Häuser sind für Berlin-Marzahn ganz ansehnlich. Hier stehen keine dieser riesigen Wohnklötze, die schon in den 80-ern als 'Arbeiterschließfächer' bezeichnet wurden. Diese hier besitzen nur vier oder fünf Etagen, sind unregelmäßig gebaut und in viel Grünzeug eingefasst. Trotzdem nicht die Wohngegend, in der man Spitzenpolitiker vermuten würde. Vor dem Haus steht ein Umzugswagen. Der Fahrer verschließt gerade die Heckklappe des Kofferaufbaus und säubert sich seine Hände an einem großen, verschwitzten Handtuch, das kurz zuvor noch um seinen Hals hing.

"Hier scheint mehr Fluktuation zu herrschen, als in Ranzlow. Einen Umzugswagen habe ich bei uns vor sieben Jahren zum letzten Mal gesehen. Sieh, dort ist die Nummer 110."

Rolf steuert auf den nächsten Eingang zu und zieht Birgit hinter sich her.

"So, jetzt nur noch in die dritte Etage und dann können wir bald wieder diesen Moloch Stadt verlassen."

"Warte einmal - an den Klingelschildern steht nirgendwo 'Schlottermüller'", Birgit ist gar nicht überzeugt von der Richtung, die er eingeschlagen hat. Sie fährt mit dem Zeigefinger mehrfach über die Namen neben den Knöpfen: hoch - hinunter - wieder hoch: "Hatte Attila wirklich 110 gesagt?"

"Lass uns einfach in die dritte Etage aufsteigen und nachsehen. Entweder der Schlüssel passt oder nicht. Vielleicht hatte er sich mit einem falschen Namen getarnt, um vor seinen Groupies sicher zu sein."

"Groupies? So habe ich Attila gar nicht eingeschätzt!", sagt Birgit und sieht Rolf fragend an: "Weißt du etwa mehr als ich?"

Wieder sieht sie ihn irritiert an. Diesen fragenden Blick und die ehrliche Verunsicherung liebt er. Jedes der kleinen Spielchen mit 'Sinnloskommunikation' ist es wert, gespielt zu werden.

"Ich meine die Wähler - die er jetzt nicht mehr hat. Hab' da wohl wieder in die falsche Wortschublade gegriffen. Bei einem Schraubenschlüssel wäre mir das nicht passiert", antwortet er schmunzelnd.

Mit einem "Pühh!" und betont auftretend, stapft die Journalistin an ihm vorbei und die Treppe weiter hinauf. Sie sieht dabei demonstrativ zur Wand, die am weitesten von ihm entfernt ist. Auf der dritten Etage hat er sie wieder eingeholt.

Wie erwartet, ist neben keiner der Wohnungen ein Schild mit Attilas Namen angebracht. Mit dem Schlüssel in der Hand geht Rolf auf eine der Türen zu.

"Probieren wir einfach."

"Rolf! Du kannst doch nicht einfach...", weiter kommt Birgit nicht. Sie kann nur noch entsetzt mit ansehen, wie ihr Begleiter den Schließtest ausführt.

Der Schlüssel verschwindet im Schloss der ersten Tür, nur umdrehen lässt er sich hier nicht. Also wandert Rolf ruhig zum nächsten Wohnungseingang und wiederholt dort den Test. Ohne jeglichen Widerstand gelingt die Drehung nach rechts. Instinktiv sehen beide auf das Schild mit dem Namen des Mieters: Armin Müller. Das könnte wirklich so etwas wie ein Attila-Pseudonym sein. Der Vorname beginnt mit einem 'A' und 'Müller' ist in 'Schlottermüller' enthalten. Eine kleine, weitere Drehung am Schüssel und das Schloss schnappt auf. Rolf stößt die Tür auf und tritt in den Eingangsbereich der Wohnung. Dort steht er einem anderen Mann gegenüber. Beide sehen sich erstaunt und erschrocken an. Sie verharren in ihren Positionen wie eingefroren und taxieren den Gegenüber. Für einen Augenblick hat Birgit den Eindruck, in einem Wachsfigurenkabinett zu sein. Sie ist die Frau der Initiative. So tritt sie mit einem beherzten "Männer!" an Rolf vorbei und stellt sich direkt vor den anderen Mann. Dieser blickt erschrocken auf sie. Seine Augen versuchen hektisch, einen Fluchtweg ausfindig zu machen. Schnell muss er erkennen: Zwischen den beiden Eindringlingen und den Wänden des Flures ist kein für ihn passender Durchschlupf zu finden. Vorsichtig beginnt er sich zu drehen. Birgit schreitet ein.

"Halt! Wer sind sie?"

Der Mann friert in seiner Drehbewegung ein. Langsam und umständlich holt er ein Taschentuch aus der Bauchtasche seines Sweatshirts und beginnt damit, ausgiebig seine Brille zu putzen. Birgit wird ungeduldig, streckt die rechte Hand aus und wedelt mit dieser vor den Augen des Fremden.

"Hallo! Nehmen sie mich wahr? Wer sind sie und was machen sie hier?"

"Ähhhm - Armin Müller", antwortet der Fremde leise und setzt sich seine Brille wieder auf. Diese Handlung scheint ihm ein gewisses Maß an Sicherheit zu geben.

"Ich wohne hier ...", setzt er schnell hinzu, wieder etwas unsicher und mit einem wiederholten Zurechtrücken der Brille folgt: "... wollen sie mich - berauben?"

"Wie können sie hier wohnen?", jetzt ist Birgit erstaunt.

Da der Schlüssel passt - immerhin ein teures, aufwändiges Exemplar, das jede Dopplung systematisch ausschließt - muss das Attilas Wohnung sein.

"Ich bin hier eingezogen. Vor zwei Stunden. Der Möbelwagen ist gerade abgefahren."

Sie waren bei ihrer Ankunft einem solchen Gefährt begegnet. Das kann also die Wahrheit sein. Trotzdem, die Miete war noch für zwei Monate für Attila bezahlt. Er ist der rechtmäßige Mieter dieser Wohnung. Das Interesse der Journalistin erwacht in ihr. Hier stimmt etwas nicht. Bevor sie weitere Fragen stellen kann, erscheint ein zweiter Mann in der Eingangstür. Er füllt mit seiner Masse die Türöffnung fast komplett aus. Der blaue Arbeitsoverall, den er trägt, ist mit Werkzeugen gespickt. Aus den verschiedenen Taschen schauen Zangen, Schraubenschlüssel und kurze Drähte hervor. An einem ledernen Gürtel, auf den viele Schlaufen genäht sind, sind Unmengen an Schraubendrehern angereiht und aus den Hosentaschen quellen schmutzige Putzlappen hervor. Insgesamt eine Erscheinung, die massive Wichtigkeit zum Ausdruck bringt.

"Herr Müller, ist alles in Ordnung?", ruft der Neuankömmling etwas zu laut in den Flur.

"Ja das weiß ich auch nicht so ganz. Die standen mit einem Mal in meiner Wohnung?", ist die unpassend als Frage formulierte Antwort.

"Sie sollten keine Fremden hineinlassen, wenn sie keinen Besuch wünschen."

"Die haben doch selbst aufgeschlossen..."

"Sie haben einen Schlüssel?"

Die massive Türfüllung blickt erstaunt auf Rolf und Birgit. Birgit ist längst klar, was hier vorgeht. Vor annähernd einem Jahr war die Eingangstür der Wohnung zerstört worden und im Treppenhaus hatte es einiges Durcheinander und weitere Verwüstungen gegeben. Attila ist anschließend fast ein ganzes Jahr nicht aufgetaucht. Der Verwaltung kann die Situation des Mieters nicht entgangen sein. Einige Tage lang berichteten alle Medien von dem Wahlkampfdebakel und die Aufräumarbeiten im Haus erzeugten Fragen, die nie beantwortet wurden. Als der Briefkasten zum wiederholten Male überquoll, wurde trotz bezahlter Rechnungen neu vermietet.

"Ja natürlich, der Mieter hat ihn uns gegeben", Birgit kann es sich nicht verkneifen, die Verwirrung des Fragenden noch zu steigern.

"Warum geben sie Fremden denn ihren Wohnungsschlüssel? Welch ein Problem haben SIE denn?", ist die prompte Frage an Armin Müller zum anderen Ende des kleinen Flures.

"Hab ich doch gar nicht!", antwortet dieser aufgebracht. Er fühlt sich zu Unrecht beschuldigt und schlecht behandelt. Folgerichtig rebelliert er und setzt ein lautes und deutliches "Alle raus aus MEINER Wohnung!" nach.

"Sie sind nicht der Mieter. Den Schlüssel und den Auftrag zum Aufräumen haben wir von einem anderen Herrn erhalten, dem wahren Mieter. Sie verlassen sofort dessen Wohnung, sonst rufe ich die Polizei", sagt Birgit ernst.

Sie unterstreicht ihre scheinbare Entschlossenheit mit einem Griff in die Handtasche und der Suche nach dem Handy. Rolf lehnt kichernd an Seitenwand, gleich neben dem Spiegel. Die Situation beginnt lustig zu werden. Nach den ersten Schrecksekunden ist auch ihm die Erkenntnis gekommen, dass der Vermieter gegenüber Attila vertragsbrüchig geworden sein musste. Ganz offensichtlich ist diese Wohnung zum aktuellen Zeitpunkt zweimal vermietet. Der Mann im Overall zieht ein Bündel eng bedruckter Papiere aus einer der Taschen seines Anzuges und blättert darin. Anscheinend sind das seine Arbeitsaufträge. Bei einem Blatt stockt er und liest leise: 'Donnerstag, 17.7., 10 Uhr, Eisenacher Straße 110, dritte Etage, Wohnung 8, Wohnungsübergabe an Herrn Armin Müller'.

"Sie sind?", sein ausgestreckter, rechter Arm zeigt auf den neuen Mieter.

"Armin Müller", antwortet dieser wieder eingeschüchtert.

Er macht mit einem Mal den Eindruck eines kleinen Jungen, der bei einem Vergehen ertappt wurde.

"Und sie, wer sind sie?", ist die nächste Frage und der Arm zeigt jetzt auf Rolf.

"Nicht Armin Müller. Und wer fragt das?"

"Der Hausmeister! Ich bin der Hausmeister hier!", poltert es zurück.

"Ja dann meistern sie 'mal die Situation...", kann sich Rolf nicht verkneifen.

Auf der Stirn des Hausmeisters bildet sich eine dicke Furche, direkt über der Nasenwurzel und er tritt auf den kichernden Rolf zu.

"Sie: Raus mit der Sprache: Wie kommen sie an den Wohnungsschlüssel?", brüllt er diesen an.

"Auah, das ist akustische Folter!", kreischt Rolf theatralisch und hält sich die Hände vor die Ohren.

"Nun aber ruhig! Den Schlüssel hat uns der rechtmäßige Mieter gegeben. Das sagte ich ihnen doch", mischt sich Birgit deeskalierend ein.

"Äh, wie jetzt - wer soll das denn sein?"

"Na Attila Schlottermüller natürlich. Der hat noch bis Ende September die Miete für die Wohnung bezahlt."

Die hausmeisterliche Stirnfalte wandert langsam von der Nasenwurzel nach oben und die Augen weiten sich. Einige Menschen können in ihrem Gesicht Denk- und Erkenntnisprozesse anschaulich visualisieren. 'Das Thema könnte zu einem guten Artikel für ein Fachjournal werden', denkt die Journalistin. Der Hausmeister unterbricht ihre Gedanken mit einer Frage.

"Ach, sie meinen den Skandalpolitiker, richtig? Hier hat 'mal ein solcher gewohnt."

Aus dem Lächeln auf Birgits Gesicht, liest er eine bejahende Antwort ab.

"Trotzdem, die Verwaltung hat mich heute hierher beordert - zur Wohnungsübergabe. Klären sie das Politikerproblem mit der Wohnungsverwaltung, ich halte mich aus dem Unfug heraus."

Er schüttelt den Kopf.

"Politik - so ein Schwachsinn. Ich kann ihnen sagen, wenn ich das Wort 'Politiker' schon höre, dann bekomme ich eine Wut ... eine Wut sage ich ihnen!"

"Ist mir egal, wir haben hier einen Auftrag in Herrn Schlottermüllers Wohnung zu erfüllen. Das werden wir jetzt tun."

Rolf gibt seine lässige Position an der Wand auf und bewegt sich in Richtung Wohnungsinneres weiter.

"Die Habseligkeiten des Vormieters habe ich am Dienstag ausräumen und entsorgen lassen. Sie werden nichts mehr finden."

Rolf bleibt stehen und dreht sich zu Birgit um.

"Wären wir 'mal schon am Montag nach Berlin gefahren. Nun war die Fahrt umsonst", enttäuscht lehnt er sich wieder an die Wand.

Dem Neumieter wird das jetzt zu viel. Er möchte nur noch seine Ruhe haben. Der Umzug war schon aufregend genug.

"Könnten sie mich allein lassen? Ich möchte mich ausruhen. Meine Wohnung ist ja nun uninteressant für sie. Schließen sie bitte die Eingangstür hinter sich."

Er dreht sich um und geht langsam in das große Zimmer hinter dem Flur. Dort steht in der Mitte des Raumes ein einzelner Stuhl. Auf diesen setzt er sich und starrt aus dem Fenster. Die Gesellschaft, die noch immer im Flur seiner Wohnung steht, beachtet er nicht weiter. Endlich Ruhe, kein einziges Ereignis wird seine Erholungsphase mehr unterbrechen. Was er zu seinem Glück nicht weiß: Genau an der gleichen Stelle hat vor nicht ganz einem Jahr Attila gesessen. Auch dieser starrte aus den Fenstern, beziehungsweise auf die Regentropfen an ihnen und lebte seine Depression aus, bis zwei Schwarzmänner ihn dabei unterbrachen. Damals endete die Stuhlsitzung in der Flucht.

****

Die drei im Flur verbliebenen Gesprächsteilnehmer sehen sich schweigend an, bis der Hausmeister die Stille unterbricht.

"Kommen sie mit, vielleicht kann ich ihnen helfen. Die Abfalltonnen wurden in dieser Woche noch nicht entleert. Die Besitztümer des Polit-Clowns müssten sich noch in diesen befinden."

Er verlässt die Wohnung zuletzt, schließt leise die Tür und fügt hinzu: "Den Schlüssel geben sie besser mir."

In Gedanken ergänzt er: 'Bei der Verwaltungs-Schrader habe ich damit ganz sicher etwas gut.'